Frankreich: zur aktuellen Lage der Benzinkrise

Wegen der zahlreichen Nachfragen aus der Leserschaft haben wir uns gleich nach Rückkehr von einer Recherchetour in Frankreich mal intensiv mit einem Thema befasst, dass in der Öffentlichkeit offenbar bereits zu erster Panik führt: der Benzinkrise in Frankreich. Während unserer Reise durch Franche-Comté und Champagne-Ardenne konnten wir kaum etwas davon feststellen. Vereinzelt war an Tankstellen eine Benzinsorte ausverkauft, was aber schon auf den großen Preistafeln angezeigt wurde. Stehen Preise dort auf Null, ist die betroffene Sorte nicht mehr vorrätig. Werden reguläre Preise angezeigt, gibt es diese Sorten noch. Auch Hamsterkäufe oder gar erhöhte Preise waren nicht zu erkennen.

Unser Tipp für Motorrad-Reisende: Öfter Tankstopps einlegen als üblicherweise nötig, wenn gerade eine Tankstelle den benötigten Sprit noch vorrätig hat.

Es ist zudem nicht so, dass landesweit Versorgungsengpässe herrschen. Mit Stand heute melden gerade mal sieben Prozent aller mehr als 11.000 Tankstellen in Frankreich komplett leere Tanks. Weitere 22 Prozent sind teilweise ausverkauft. Das bedeutet im Umkehrschluss: Es gibt an über 70% aller Zapfsäulen noch genügend Treibstoff zu kaufen. Zudem werden längst nicht alle Raffinerien bestreikt und können daher auch ausliefern. Total, der mit 2.200 Tankstellen größte Anbieter, verdreifacht gerade seine Tankwagenflotte durch Anmietungen, um möglichst schnell die Versorgung zu verbessern.

Am stärksten betroffen sind derzeit die Mitte des Landes sowie einzelne Gebiete im Nordwesten Frankreichs. In und um Paris sind die Auswirkungen ebenfalls überproportional zu spüren. Hier gibt es tatsächlich einige „Problemzonen“ mit fast 80 Prozent geschlossener Zapfsäulen. Ziemlich unbeeindruckt zeigen sich bisher die beliebtesten Reiseziele, also die französischen Alpen, fast der gesamte Süden (mit Ausnahme der Region um Marseille) sowie das Pyrenäen-Gebiet. In allen anderen Gebieten ist vereinzelt mit Ausfällen zu rechnen, nicht aber flächendeckend. Eine interaktive Karte dazu gibt es hier (Französisch):

An dieser Karte lassen sich die Zustände sowohl an einzelnen Tankstellen, aber auch in der Gesamtübersicht etwa einer Region ablesen. Die positivere Darstellung mit einer Übersicht der zur Auffüllung anstehenden Verkaufsstellen gibt es zudem hier:

Der aktuelle Streik richtet sich übrigens gegen eine Reform der Arbeitsrechtsgesetze. Allerdings haben die Gewerkschaften mit ihren doch unpopulären Aktionen nur wenig Rückhalt in der Bevölkerung. Wenn es um ihre Mobilität geht, ist es mit der Solidarität der Franzosen nicht weit her. So ist angesichts verstärkter Gespräche zwischen Regierung und Streikenden denn auch mit einer baldigen Entspannung der längst nicht so angespannten Situation zu rechnen. Hier hat die Darstellung der vergangenen Tage doch arg übertrieben und leider zu großer Verunsicherung geführt.

Auffällig ist, dass vor allem die ohnehin günstigsten Anbieter – das sind in Frankreich die großen Supermarktketten, die seit jeher ihre Spritpreise scharf kalkulieren, um Kunden anzulocken – derzeit am wenigsten betroffen scheinen. Wir hatten jedenfalls in den von uns besuchten Regionen keinerlei Probleme. Einer Tour zum großen Nachbarn steht unserer Meinung nach derzeit nichts im Wege – wenn man denn gelassen und mit Bedacht an die Sache herangeht.

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