Seit im Frühjahr die erste Schnappschüsse eines sportlichen Adventure-Bikes aus dem blau-weißen Stall auftauchten, nehmen die Spekulationen über die auf der S 1000 R basierenden Maschine kein Ende. Bei einem erst kürzlich für Wunderlich gezeichneten Abbild, das den jetzt kursierenden Fotos bereits mehr als nahe kam, hieß das Modell noch S 1000 F. Zur Intermot-Präsentation ist aber nun von der Typenbezeichnung S 1000 XR die Rede. Die soll nun noch die letzte Nische füllen und gegen Ducatis Multistrada, Kawasakis 1000er Versys oder Aprilias Caponord antreten. Aber mal ganz ehrlich: Macht das wirklich Sinn?
Auf den Fotos der jetzt schon fast ungetarnt in München erwischten Maschine sind alle Zutaten genau zu erkennen. Schon fast unverschämt ist die Verkleidung, die als Kopie einer Honda Crossrunner mit deutlichen Multistrada-Elementen daherkommt. Gleichzeitig bilden die symmetrischen Frontscheinwerfer, die auch bereits in Erlkönig-Bilder einer wohl ebenfalls in den Startlöchern stehenden R 1200 RS zu entdecken waren, wohl eine Abkehr von der bisherigen Designlinie der Münchener.
Der dicke Endtopf wird zugunsten eines kleineren Sammlers gewählt, womit mehr Bodenfreiheit erreicht wird. Das Fahrwerk ist zwar hochbeinig, wohl aber auf eher sportliche Verwendung abgestimmt. Der Rahmen ist speziell am Heck verstärkt, um auch im Soziusbetrieb noch mehr als eine Zahnbürste zuladen zu können. Rechnet man alle sichtbaren Veränderungen mal hoch, so wird die S 1000 XR gute zehn Kilo mehr auf der Hüfte haben als die unverkleidete Schwester, also rund 217 bis 220 Kilo. Allerdings verzichten die Entwickler etwa auf einen Schutz vor dem Kühler, was einen Einsatz abseits des Asphalts ebenso unwahrscheinlich erscheinen lässt wie die 17 Zoll-Räder mit eindeutiger Straßenbereifung.
Dafür pfeifen die Spatzen die Leistungsausbeute der R ziemlich unvermindert auch in der XR von den Dächern. Demnach würde der Vierventiler rund 160 PS bereitstellen. Und spätestens hier stellt sich, wie schon bei den prognostizierten Eckdaten von 178 PS in der KTM 1290 Adventure, die Frage: Macht das alles überhaupt noch Sinn?
Wir meinen: Nein! Gerade das Adventure-Segment hat keine Leistungsexplosion oder notorischen PS-Wahn nötig. Viel wichtiger wäre, wenn die Hersteller endlich mal wieder bezahlbare Motorräder mit geringem Gewicht bei hoher Alltagstauglichkeit auf die Räder stellen würden. Erste Ansätze dazu waren gerade vorhanden. Denn: Selbst die bei einer S 1000 XR notwendige Vollaustattung mit allen teuren, elektronischen Helferlein ist kontraproduktiv. ASC, DTC und wie der ganze Schnickschnack heißt dienen in solchen Motorrädern nämlich nicht mehr zuallererst der Sicherheit, sondern sind nötig geworden, um die überbordende Leistung überhaupt noch einigermaßen auf die Straße zu bekommen.
Leider wird der nun entstehende Hype um die neuen Supersportler im Abenteuer-Dress dem letzten Rest Vernunft wohl endgültig den Garaus machen. Bleibt nur zu hoffen, dass sich BMW mit dem überzüchteten Vollblüter im eigenen Stall so starke Konkurrenz macht, dass es vielleicht doch noch zu einer Rückbesinnung auf die wirklichen Werte dieses Segments kommt. Wenn nämlich am Thron der GS gekratzt wird, kennen die Verantwortlichen in München keinen Spaß – egal, woher die Konkurrenz stammt.